Die Anforderungen an Leitungspersonen an Schulen haben sich im Laufe der vergangenen Jahre grundlegend verändert. Neben der Steuerung der organisatorischen Abläufe und der Qualitätssicherung im Unterricht rücken immer zunehmend neue Aufgaben in den Fokus, wie die Entwicklung multiprofessioneller Teams, das Führen in komplexen Systemen und der konstruktive Umgang mit Wandel.
Schulen stehen heute damit unter dem Druck, nicht nur Bildungsinstitution, sondern auch Lebens- und Arbeitsraum zu sein – für Lernende wie Lehrende.
Diese Veränderungen verlangen neue Kompetenzen − vor allem die Fähigkeit, Teams zu führen, Rollen klar zu definieren, Kommunikation wirksam zu gestalten und eine Kultur der Zusammenarbeit aufzubauen. In diesem Kontext lohnt sich ein Blick über den Tellerrand: In der freien Wirtschaft wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Führungsmodelle erprobt, die auch im schulischen Kontext Relevanz gewinnen.
Führungskräftetraining als Brücke zwischen Pädagogik und Management
Auch in Unternehmen hat sich die Rolle der Führungskraft deutlich gewandelt. Klassische Hierarchien treten in den Hintergrund, kooperative Führungsstile gewinnen dagegen an Bedeutung.
Mitarbeitende erwarten heute nicht nur Anweisungen, sondern auch Entwicklungsmöglichkeiten, Rückhalt und Möglichkeiten zur Mitgestaltung. Diese Prinzipien gelten zunehmend auch für Schulen – und zwar nicht nur in der Beziehung zu den Schülern, sondern im gesamten Kollegium.
Viele Ansätze aus dem Führungskräftetraining lassen sich daher sinnvoll auf die schulische Leitung übertragen – vor allem, wenn es um Teamführung, Kommunikation und Konfliktmanagement geht. Der Fokus liegt dabei auf Kompetenzen wie aktivem Zuhören, Feedbackkultur, systemischem Denken und lösungsorientiertem Handeln. Diese Fähigkeiten tragen wesentlich dazu bei, die Zusammenarbeit im Kollegium zu stärken und Veränderungsprozesse nachhaltig zu gestalten.
Teamarbeit an Ganztagsschulen: Herausforderung und Chance
Ganztagsschulen bringen ganz spezifische Anforderungen an das Leitungshandeln mit sich. Die Tagesstruktur ist komplexer, die Zahl der Beteiligten höher und die Erwartungen an Angebote und Betreuung vielfältiger. Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte, Sozialarbeiter:innen, Ehrenamtliche arbeiten alle zusammen unter einem Dach.
Der „Handlungsleitfaden zur multiprofessionellen Kooperation an Ganztagsschulen“ des Niedersächsischen Kultusministeriums betont ebenfalls, wie zentral eine gute Teamstruktur für die Qualität schulischer Arbeit ist. Explizit genannt werden dabei die Bedeutung klarer Verantwortlichkeiten, regelmäßiger Teamzeiten und einer gemeinsamen Vision für die Schulentwicklung.
Auch in diesem Zusammenhang bietet der wirtschaftliche Kontext Orientierung: In agilen Unternehmen wird bereits seit Jahren mit interdisziplinären Teams gearbeitet. Entscheidungsprozesse werden partizipativ gestaltet, Kommunikation erfolgt transparent, Fehler werden als Lernchancen betrachtet. Diese Prinzipien lassen sich adaptieren – etwa in Form von regelmäßige Retrospektiven, offenen Feedbackformate oder der Einführung eines kollegialen Coachings im Schulalltag.
Qualifizierungsangebote für schulische Führungskräfte in Niedersachsen
Um Leitungspersonen in ihrer komplexen Rolle zu stärken, bietet beispielsweise auch das Land Niedersachsen verschiedene Qualifizierungsformate an. Besonders hervorzuheben ist die sogenannte „FüNF“-Fortbildung (Führungskräfte-Nachwuchs-Fortbildung), die sich an Lehrkräfte richtet, die sich auf eine Leitungsfunktion vorbereiten möchten.
Diese Qualifizierung vermittelt praxisnah Inhalte zu Führung, Kommunikation, Projektsteuerung und Qualitätsmanagement – orientiert an den besonderen Rahmenbedingungen von Schulen. Auch für bereits tätige Führungskräfte stehen vertiefende Fortbildungsformate zur Verfügung.
Darüber hinaus bietet das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung regelmäßig Veranstaltungen zu Themen wie Teamprozesse, Personalentwicklung und Konfliktlösung an.
Nur eine starke Leitung kann Veränderungen gestalten
In Zeiten einer zunehmenden Heterogenität und gesellschaftlicher Umbrüche sind Schulen als lernende Organisation besonders gefordert. Eine starke Führung stellt dabei einen zentralen Erfolgsfaktor dar – nicht im Sinne einer autoritären Steuerung, sondern als Treiber von Entwicklung.
Moderne Teamführung bedeutet, passende Rahmen zu setzen, Vertrauen aufzubauen und das Potential anderer zu fördern. Sie schafft Raum für kreative Lösungen, ermöglicht den offenen Austausch von Perspektiven und trägt dazu bei, die gemeinsame Verantwortung für Bildung zu stärken.
Schulleitungen, die sich mit aktuellen Führungsansätzen auseinandersetzen, erweitern nicht nur ihr persönliches Repertoire. Sie stärken auch die Kultur der Zusammenarbeit und setzen wichtige Impulse, die noch weit über das Kollegium hinaus wirken.
Die Übertragung moderner Führungsansätze aus der freien Wirtschaft auf den schulischen Kontext bietet damit eine reale Chance, Leitungshandeln weiterzuentwickeln.